Mitte Oktober hisste die Kumi*13 die große lilagelbe Flagge zur Begrüßung der Fahrraddemo „Pedale gegen Profite“ von „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Mit dieser mobilen lautstarken Intervention in den Straßen von Schöneberg und Tempelhof sollte die Berliner Politik daran erinnert werden, dass der Volksentscheid aus dem Jahre 2021 und das starke Votum der Berliner Bürger:innen nicht vergessen ist. 59,1 Prozent hatten sich eine Vergesellschaftung großer Wohnungsimmobilien ausgesprochen. Momentan tagt nun ein Expert:innen-Ausschuss, der aber von Beginn bei der zivilgesellschaftlichen Initiative und ihres aktiven Unterstützerumfelds im Verdacht steht, die Intention der „Vergesellschaftung“ durch zeitliche Verzögerungen und unnötig überbordende Fragestellungen bei den Bürger:innen vergessen zu machen und ab zu moderieren.
Startpunkt der Tour durch Schöneberg war die Zwölf-Apostel-Kirche unweit der Kumi*13. Wir waren eingeladen unser Hausprojekt als ein gelungenes Beispiel der Vergesellschaftung vorzustellen. Franz berichtete den zahlreichen Demo-Teilnehmer:innen vom Kauf und die Überführung der Immobilie in ein Gemeingut in Selbstverwaltung seiner Mieter:innen innerhalb eines bundesweit solidarischen Verbund von Hausprojekten des Mietshäuser Syndikats. Besonders die Erläuterung, dass die Miethöhen ohne Renditeabsichten von den Mieter:innen mitbestimmt werden und dass die Immobilie durch eine verschiedene Rechtskörper miteinanderverknüpfende GmbH-Konstruktion den Wiederverkauf tatsächlich ausgeschlossen ist, erntete Beifall und Sympathiebekundungen.
Mit dem Beifall für unser Hausprojekt startete dann die Tour durch unseren Bezirk mit Zielpunkt am Tempelhofer Feld. Beifall den wir auch gerne zurückgeben an die Initiative. Nicht zum Ersten und nicht zum Letzten Mal haben wir für DW enteignen! unser Haus mit lilagelben Flaggen geschmückt. Volksentscheid umsetzen, JETZT!
Nur wenige Etagen im Haus sind bisher bewohnt, überall wird gebaut. Nachts sind nur einige der 40 Fenster zur Kurmärkischen Straße erleuchtet, noch fehlen die Bewohner*innen. Eine großbürgerliche Fassade schaut uns aus leeren Augen an. Jetzt haben wir viele Fenster zugetextet. Seit Oktober gibt es in der Kumi*13 eine Schilderwerkstatt für Sprücheklopfer*innen. Dort werden Polit-Parolen, Präambeln, Aufmunterungen und Handlungsanweisungen für Demonstrationen, Kiezspaziergänge und für unsere Fenster in handarbeit produziert. Steht man jetzt vor dem Haus und wirft den Kopf in den Nacken kann man die Sprüche vom 4. Stock abwärts lesen, eigentlich eher entziffern, denn unsere gemalte oder gestanzte Schablonenschrift kennt keine Zwischenräume, keinen Wortabstand, keine Unterbrechungen. So bleiben die Vorbeigehenden nun öfter stehen und bestärken sich gegenseitig im Versuch der Entzifferung. Liebe Entziffer*innen und Entzifferer: weiter so!
Die seit vielen Jahren in der Berliner Mieter:innen-Bewegung engagierten Journalisten Matthias Coers (Zwei Schritte vor, einen zurück) und Peter Nowak (Webseite) organisierten Ende September im Rahmen des BÖLL-Bildungswerks den Ratschlag „Wie weiter mit der Berliner Mieter:innen-Bewegung“. Eine Gelegenheit für den vernetzenden Austausch unter den Initiativen, aber auch für eine kritische Reflektion über das eigene Handeln. Die Kumi*13 war auch dabei …
So wurden für die Besucher:innen interessante Innen- und Außenperspektiven sehr unterschiedlicher Initiativen wahrnehmbar. Die Friedrichshainer Anwohner-Initiative „Wem gehört der Lasker-Kiez?“ setzt sich die massiven Investoren-Planungen und die einhergehenden Verdrängungsprozesse, insbesondere der letzten subkulturellen Orte, rund um den S-Bahnhof Ost-Kreuz“ ein. Die basisdemokratische Initiative „#Stop Heimstadten“ organisiert den Mieter:innen-Widerstand gegen die schwedische Heimstadten AB, die in den letzten Monaten mehr als 140 Häuser mit knapp 4.000 Wohnungen als Anlage für Rendite erworben hat. Kisch & Co, berlinweit bekannte Buchhandlung aus der Kreuzberger Oranienstraße, berichtete von den Ups and Downs in den Verhandlungs-prozessen gegen ihre Verdrängung, von den Mut machenden Mobiliiserungen aus dem Kiez für den Erhalt ihres Standorts und den deprimierenden Rechten von Mietern mit Gewerbemietverträgen. Philipp Möller von der Berliner MieterGemeinschaft (BMGEV) und dem MieterEcho stellte das Grundsatz-Papier der „Initiative neuer kommunaler Wohnungsbau“ vor. Zentrale Forderung: Ein nachhaltiger, öffentlich finanzierter Wohnungsbau muss Wohnraum schaffen, der dauerhaft im öffentlichen Eigentum verbleibt und so bezahlbare Mieten garantiert und eine politische Regulierung des Wohnungsmarkts ermöglicht.
In diesem anregend diskursivem Rahmen konnten Toni und Holger das Modell des Mietshäuser Syndikats erläutern und unser Hausprojekt in „Gemeineigentum und Selbstverwaltung“, unsere Geschichte und Erfahrungen – auch in dialektischer Reflektion von Vor- und Nachteilen – vorstellen. Auch wenn die Lösung der Wohnungsfrage nicht durch den Selbstorganisations-Ansatz des Mietshäuser Syndikats zu erwarten sein wird, nicht zuletzt weil auch der persönliche Zeit- und Arbeitsaufwand für ein Projektaufbau sehr hoch ist, so hat auch diese Tagung unsere Erfahrung erneut bestätigt. Eine „Geschichte des Gelingens“ verbreitet Euphorie, macht Mut für Mobilisierung auch an anderen Orten. In diesem Sinne würdigte in einem Tage später eingehenden Feedback eine Teilnehmerin aus dem Publikum die Kumi*13 mit einem persönlichen Direktkredit.
Mitte September organisierten wir mit der Bürgerdeputierten Elisabeth Voss den Kiezspaziergang „Das andere Schöneberg – von links und unten“. Für die Kumi*13 eine tolle Chance sich Anderen vorzustellen und neue Bekanntschaften mit anderen Hausprojekten oder widerständigen Mieter:innen-Gemeinschaften zu machen. An die 30 Gäste besuchten uns an diesem Spätsommernachmittag. Wir stellten ihnen unsere kurze, aber wundersame Projektgeschichte vor, das Modell des Mietshäuser Syndikats und unserem Wunsch mit dem Verein A.U.T.O und der Halle als gestaltbaren Möglichkeitsraum eine kooperative, nachbarschaftliche Netzwerkstruktur der Selbstorganisation und des Diskurses zu schaffen.
Im Anschluss besuchten wir die Bülow52, ein ehemals besetztes, heute von den Bewohner:innen selbstverwaltetes Haus unter dem Dach der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG. Nach einem tollen Blick von der Dachterasse auf das Berliner Stadtpanoramas ging es zu Fuß in Richtung „Rote Insel“, dem legendären, ehemals politisch sehr linken Schöneberger Ortsteil. In der Katzlerstraße13 besuchten wir ein Wohnprojekt unter dem Dach der Wohnungsgenossenschaft Bremer Höhe, die sich im Prenzlauer Berg in der Nachwendezeit aus einer Mieter:innen-Selbstverwaltungsinitiative entstanden und heute im Ost- und Westteil der Stadt Genossenschaftsprojekten ein schützendes Dach bietet. Schutz den beispielsweise die drei umkämpften Häuser Großgörschenstraße 25/26/27 / Katzlerstraße 10/11 als erster Vorkaufsfalls in einem Berliner Milieuschutzgebiet bis heute noch nicht haben, weil ihr Fall immer noch in gerichtlicher Klärung ist. Zum Abschluss des Spaziergangs ging es zum Wohnprojekt „Rote Insel“ in der Manstein10, einem ehemals besetzten Haus, heute von den Bewohner:innen selbstverwaltet unter dem Dach der kommunalen Wohnungsgesellschaft DEGEWO. Dort berichteten zwei Delegierte der von Verdrängung bedrohten, selbstverwalteten Jugendprojekte Drugstore und Potse von den jahrelangen Kämpfen und dem aktuell angebotenen Ausweichquartier im Zollhaus des Tempelhofer Flughafens. Das volle Programm fand letztlich eine gelungene Abrundung mit einer leckeren vegetarischen Küche für alle (Küfa) und angeregten Gesprächen bei einem Lagerfeuer im städtischen Hinterhof.
Die Kumi* zeigt sich lilagelb beflaggt für die Kampagne der „Deutsche Wohnen enteignen!“
Alte Autowerkstatt, neuer Möglichkeitsraum für den Verein A.U.T.O.
Gedenkstein für den 1981 tötlich verunglückten Hausbesetzer Klaus Jürgen Rattey
Am Tag des offenen Denkmals, den 12. September 2021, öffneten wir einen Teil des Projekts Kumi*13, stellten den neuen Verein A.U.T.O. e.V. und die dazugehörige Halle vor: Ursprünglich eine der ersten Tankstellen Berlins und langjährige Autowerkstatt, in Zukunft geplant als Ort der nachbarschaftlichen Selbst-Organisation und Übungshalle fürs „Commoning“.
Bei Kaffee und Kuchen sprachen wir mit ca 40 Besucher*innen darüber, wie Denkmalschutz, Ökologie, Ökonomie und gemeinschaftliche Nutzung / Allmenden / Commons zusammengehen könnten – im Wohnen, im Gewerbe und in unserer denkmalgeschützten Halle, die noch viel (auch denkmalschützende) Zuneigung und Zuwendungen braucht. Parallel haben wir unser Haus lilagelb im Zeichen der Kampagne „Deutsche Wohnen enteignen!“ beflaggt.
Entrée zu Hof und Halle: You don´t own a house, the house owns you …
Liebe Nachbar*innen, Berliner*innen, Stadtentwickler*innen und potenzielle Kuminist*innen,
wenn euer Geld auf dem Girokonto oder Sparbuch parkt und nichts tut (außer Negativzinsen zu produzieren), dann lasst es doch lieber aktiv an einer gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung mitarbeiten:
Die Kumi*13 – ein neues Hausprojekt in Selbstverwaltung mitten in Schöneberg – braucht eure Unterstützung!
Die Kumi13 ist ein denkmalgeschütztes Gründerzeithaus von 1875. Über fünf Etagen hat es eine Nutzfläche von gut 1870 m2 zum Wohnen und für Gewerbe. Auf dem Grundstück stehen außerdem eine kleine Remise und eine Werkstatt mit Tiefgarage, hier stand 1929 eine der ersten Berliner Tankstellen mit Zapfsäule. Alle Gebäude sind unterschiedlich stark sanierungsbedürftig. Im Sommer 2022 wird das Haus bezugsfertig sein. Die zukünftigen Bewohnerinnen, 23 Erwachsene und 12 Kinder, werden sich Ressourcen, Wissen und Dinge teilen. Einige sind schon lange stadtpolitisch aktiv, andere wurden durch den anstehenden Verkauf der eigenen Wohnungen politisiert. Viele von uns sind in der Kultur oder im sozialen Bereich tätig und wir definieren unseren Kiez als Handlungs- und Wissensraum für zivilgesellschaftliches Engagement. Beispielsweise planen wir in Zusammenarbeit mit „Xenion – Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte“ langfristige Wohnraum für Geflüchtete im Haus. Die Halle der ehemaligen Autowerkstatt bauen wir zu einem öffentlichen Begegnungsort für die Nachbarschaft aus, wo wir mit unserem gemeinnützigen Verein A.U.T.O. in den Bereichen Kunst & Kultur, Bildung & Diskurs und Denkmalschutz tätig werden.
Die Kumi*13 ist eines von mehr als 160 Häusern in 30 Städten, die im Verbund des Mietshäuser Syndikat organisiert sind. Das Modell ist bestechend einfach erzählt: Das Haus kauft sich selbst, damit es Niemandem mehr gehört, und es wird Gemeingut in Selbstverwaltung. Keine/r wird jemals wieder Privat-Eigentümer*in des Hauses, alle Bewohner*innen bleiben immer Mieter*innen, bis sie ausziehen. Dann kommen neue Mieter*innen, und der Wohnraum bleibt dauerhaft bezahlbar. Das Haus ist unverkäuflich für alle Zeiten, – ein auf ewig der Immobilienspekulation entzogener, sicherer Wohnraum.
MIETSHÄUSER SYNDIKAT (MHS)
Aus den Häuserkämpfen der 70er bis 90er Jahre hat sich ein professionelles Modell entwickelt, das Teilhabe von Stadtbürger*innen an ihren eigenen Lebensräumen mit stabilen Mieten garantiert: das Mietshäuser Syndikat. Vom Süden bis in den Norden wurden Häuser entprivatisiert, u.a. in Freiburg, Tübingen, Frankfurt, Hamburg, Bremen, Leipzig, Halle, Görlitz, Dresden, Hannover, Köln, Mannheim, Stuttgart, und allein 20 Häuser in Berlin. Zum Teil sind es Übernahmen von sanierungsbedürftigen oder von Investor-en bedrohten Häusern, ehemals besetzte Häuser, aber auch Neubauten, es gibt Kleinprojekte mit vier Personen, große Wohnanlagen mit 275 Bewohner*innen oder Standorte für Kleingewerbe und Handwerk. Zitat MHS: „Wir tummeln uns im Dickicht der Stadt unter Baulöwen und Immobilienhaien, unter Häuslebauern und Wohnungseigentümer*innen, unter Wohnungsbaugesellschaften und Kapitalanlageunternehmen. Im Kampf gegen Verdrängung konkurrieren wir mit ihnen um die eine oder andere Immobilie und spielen Monopoly im Maßstab 1:1.“ Die einzelnen Häuser agieren unabhängig, werden aber vom stetig wachsenden solidarischen Netzwerk des MHS unterstützt und beraten bei Rechtsfragen, der Bankensuche, Finanzierungsmodellen und der Einwerbung von Direktkrediten. Mehr Informationen: www.syndikat.org
WAS TUN?
Anders als in Genossenschaftsmodellen muss beim Finanzierungsmodell des Mietshäuser Syndikats niemand Eigenkapital in den Kauf des Hauses einbringen, das ermöglicht auch Menschen ohne finanzielle Rücklagen Mieter*in in der Kumi*13 zu werden. Die notwendigen 20% Eigenanteil an der Gesamtfinanzierung durch die Bank werden durch Direktkredite eingeworben. Direktkreditgeber*innen sind Privatpersonen oder Organisation, die kleinere und größere Beträge zu einem Zinssatz zwischen 0% – 1,5%, unbefristet oder befristet, in unser Haus anlegen. Schon ab 500 Euro kann man Direktkreditgeber*in werden. Ihr könnt jederzeit vor Ort sehen, wo und wie euer Geld wohnt, Ihr bekommt regelmäßig Informationen über die Entwicklung des Projekts, seid zu unseren öffentlichen Aktionen und Festen eingeladen und werdet stilles oder aktives Mitglied eines solidarischen Netzwerks der Nicht-Eigentümer.
WIE TUN?
Wir sind keine Bank, dürfen also nur Nachrangdarlehen mit Rangrücktrittsklausel vergeben, d.h. würde das Hausprojekt Insolvenz anmelden, müsste zuerst die Bank bedient werden und nachrangig die Direktkreditgeber*innen. Die Rangrück- trittsklausel besagt weiterhin, dass die Rückzahlungen an die Kreditgeber*innen das Hausprojekt finanziell nicht gefährden dürfen. Eine vollständige Sicherheit gibt es also nicht, aber das Finanzierungsmodell des Mietshäuser Syndikats ist eine 30 jährige Erfolgsgeschichte: Mittlerweile bestehen mehr als 160 von Menschen getragene Hausprojekte in Deutschland. Laßt uns reden und abwägen.
Kleingedruckter gesetzlich vorgeschriebener Hinweis zum Vermögensanlagegesetz: da wir pro einzelner Vermögensanlage in einem Jahr nur bis zu 100.000 Euro annehmen, sind wir zu einer Veröffentlichung der behördlich beglaubigten Informationen (Prospektpflicht) – nicht verpflichtet.
WAS TUN?
1970 wart ihr vielleicht zu jung, oder zu beschäftigt, um bei den ersten Hausbesetzungen mitzumachen. Vielleicht wart ihr zu radikalisiert, um dem Sozialdemokraten Hans-Jochen Vogel zu applaudieren, der schon damals eine Beschleunigung der Enteignungsverfahren und eine Bodengewinnsteuer forderte. Aus Letzterem wurde dann nichts, ganz im Gegenteil, aber es gibt immerhin noch 100 legalisierte, ehemals besetzte Häuser in Berlin. Der Rest der Stadt, also genau genommen die Hälfte Berlins, gehört mittlerweile einigen Tausend renditeorientierten Eigentümer*innen und Wohnungskonzernen deren Namen niemand kennt. Sie nennen 800.000 der etwa 1,75 Millionen vermieteten Berliner Wohnungen ihr Eigen.
Der Lärm der Straße wird jetzt wieder lauter – gegen Mieterhöhungen und Verdrängung und für eine Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne und für eine sich selbstorganisierende Stadt von unten.
Wer einen Direktkredit an die Kumi*13 vergeben will, melde sich bitte bei uns via dk@kumi13.org (Lisa Bonk & Holger Lauinger). DANKE!
Wir wollen mit Gleichgesinnten aktiv werden. Hierfür haben wir am diesjährigen 1. Mai den Verein A.U.T.O. gegründet. Er ist quasi ein Geschwisterverein des Kumi*13 e.V., unseres Hausvereins – den wir nicht ganz zufällig zum selben Feiertag vor zwei Jahren gegründet haben. Während die Kumi*13 die basisdemokratische Selbstverwaltung der Immobilie Kurmärkische Straße 13 organisiert, wollen wir mit dem Verein A.U.T.O. künftig Projekte und Aktionen starten.
Unsere Motivationen für die zweite Vereinsgründung sind sehr unterschiedlich und so sind die Gestaltungspotentiale gemäß Satzung auch durchaus vielfältig angelegt. Eine wesentliche Motivation unsererseits aber ist die Entwicklung einer lebendigen Struktur und produktiven Beziehung zu Nachbarschaft und großstädtischen Außenwelt. A.U.T.O. soll Begegnungsort und Plattform für Diskurse zur solidarischen Stadtentwicklung, Kunst & Kultur, Politik und Gesellschaft werden. Unsere 300m2 große, sanierungsbedürftige Halle – einst Auto-Werkstatt – kann dabei für dieses Anliegen ein Möglichkeitsraum sein. A.U.T.O. will mit nachbarschaftlich kooperativen Kräften in den von Verdrängung und Aufwertung geprägten Schöneberger Norden wirken. Veranstaltungen und kollektive Projekte im Themenspektrum „urbane Diversität“, ,,Commons“ und ,,Selbstorganisation & Kooperation“ wollen wir mit neuen, hausprojektexternen Mitstreiter:innen, Partner:innen, fördernden Personen und Institutionen angehen. Im Sinne ,,lebendiger Denkmale“ wollen wir uns mit dem Verein auch für den Erhalt oder die Wiederherstellung kritisch der historisch-kulturellen Bausubstanz an unserem Standort widmen.
Für diese Vision haben wir die Satzung eines gemeinnützigen Vereins für Kunst & Kultur, für Bildung und Denkmalschutzes entwickelt. Die Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin) hat in einer Vorprüfung die „Gemeinnützigkeit“ dieser Satzung bereits bestätigt. Wir haben gerade den Eintrag in das Vereinsregister beantragt, dann folgt auf Antrag der rechtliche „Freistellungsbescheid“ durch SenFin. Der Verein bietet dann allen Interessenten die Möglichkeit der Fördermitgliedschaft. Durch diese regelmäßigen Mitgliedsbeiträge oder auch durch Einzelspenden können die gemeinnützigen Vereinsaktivitäten finanziell unterstützt werden und von den Gebern steuerrechtlich geltend gemacht werden. Wir erwarten die rechtliche Anerkennung spätestens im September und freuen uns dann über ein reges Interesse.
Wir unterstützen den Anruf der Mieter:innen der Bülowstr. 94/95 und des Quartierrats im Schöneberger Norden. Die Verelendung der Hilfebedürftigen auf den Straßen unseres Kiezes ist so nicht hinnehmbar. Der Aufruf richtet sich an die politisch Verantwortlichen im Bezirk, endlich die notwendigen Räume und Hilfe bereitzustellen.
In der Regel bedeutet das Wort „Überraschung“ auf einer Baustelle nichts Gutes – in unserem Falle meistens einen weiteren Wasserschaden unter einem maroden Badezimmer.
Die Überraschung, die wir vor einigen Tagen fanden, war anders: Während unter dem Badezimmer im vierten Stock der erwartete Wasserschaden war, öffnete sich uns über dem Bad eine geheime Schatzkammer. Auf einem von außen nicht zu erkennenden – und offenbar über die Jahrzehnte vergessenen – Hängeboden konnten wir auf ‚archäologische’ Entdeckungstour gehen. Zwischen allerlei Gerümpel fanden wir dick verstaubte Kisten mit altem Metallzeug. Außerdem zwei Schatztruhen, eine um die hundert, die andere um die siebzig Jahre alt – leider ohne Goldschatz, dafür aber mit Zeitungen von 1966, in denen – hochaktuell – ein Fußballspiel gegen Italien angekündigt wird. Eine riesige Säge von der man sich kaum vorstellen kann, was mit der im Kumi-Hof je gesägt worden ist. Ein liebevoll und ausgiebig geflicktes Schlafanzugoberteil (so geht Nachhaltigkeit 🙂 und zwei Gründerjahre-Portraits! Gucken uns hier die ersten Hauseigentümer mit strengem Blick entgegen? Vorstellbar wärs! Und wir fragen uns welche Schätze die Kumi noch bereithält.
Gestern nach Hause gekommen, Bob und ich, und auf dem Handy eine Nachricht von Susanne „Esst mal von den schwarzen Himbeeren. Sind viele reif und lecker!“
Wir haben uns richtig satt gegessen so üppig hingen die dunklen, süßen Früchte in vollen Trauben am Strauch. Gepiekst hat uns der Strauch dann auch und blau waren Zungen und Hände.
Die Früchtchen passen gut in die Kumi: Mit der Lust und Freude gehen auch Müh‘ und arbeitsame Spuren einher 😉
Eigentlich sprechen wir vom großen Hof und vom kleinen Hof. Der kleine ist innenliegend, mit einigen Kübelpflanzen, Obst- und Blühgehölzen bestückt. Durch die neue Baustelle fast gänzlich durch Baugerüste zugestellt und somit derzeit nicht nutzbar.
Hingegen der „große“ Hof, ehemalige Abstellfläche für die reparaturbedürftigen Autos, wurde nach Erwerb des Hauses zu einem Erholungsort, Treffpunkt und auch schon Veranstaltungsort für die Hausgruppe, Nachbarschaft und weitere interessierte Gäste, soweit es die derzeitige Situation zuließ und zulässt.
Erstmals seit Kauf des Hauses ist überhaupt ein Begehen und Nutzen dieser beiden Höfe durch die Bewohner möglich. Der Vorbesitzer hatte es nicht gestattet, alles abgeschlossen und dort seinen eigenen Palmengarten eingerichtet.
Mit viel Enthusiasmus stürzten sich sofort einige Hausgruppenmitglieder auf die Neugestaltung, Neupflanzung, Gemüse-, Blumen- und Beerenanzucht. Fast alle zum ersten Mal.
Mitten in der Stadt ist das unsere Oase und unser kleines Paradies trotz Corona und Baustelle.
Erfolgsgefühle bescherte jede noch so kleine Blume, Beere und nach dem Winter wiederkehrende und noch üppiger blühende Pflanze.
Die Kinder planschen, naschen Beeren, ernten die ersten Radieschen, gießen, überschwemmen und die Erwachsenen grillen, quatschen, streiten, rupfen Unkraut, säen, stellen Kübel um und sind eigentlich recht glücklich.
Ein Jahr ist vergangen, seit die Sanierungsarbeiten im Gebäude eingestellt wurden. Wir haben es damit verbracht, neue Pläne zu entwerfen in Abstimmung mit dem Denkmalamt und dem Milieuschutz. Seit letzter Woche wissen wir, dass wir wieder weiter umbauen können. Während wir in Sachen Bauamt grünes Licht haben, werden wir mit dem Denkmalamt bei jedem weiteren Schritt der Renovierung im Gespräch bleiben.
Auf jeden Fall rückt der Tag näher, an dem wir tatsächlich einziehen. Während wir die Tapeten abreißen, die Wände verputzen und/oder verspachteln, während wir das Altöl aus der Garage (dem früheren Leben unserer Halle) wegräumen, Zementputz im Keller abschlagen, um es ihn auszutrocknen, können wir anfangen, die Fahrten unserer Kinder zu ihren neuen Schulen zu planen, Kitaplätze zu suchen,…
…und die nächste Baustelle aufmachen: Was machen wir mit der Halle? Eine Schule der Selbstorganisation? Ein praktisches und kollektives Forschungsprojekt zum nachbarschaftlichen Zusammenleben in Zeiten des Anthropozäns? Ein lokales Hobbyzentrum mit handwerklichen Werkstätten? Was genau es sein wird, sind wir dabei, auszuarbeiten.Was ich schon weiß, ist, dass die Aussicht auf die Verwirklichung unseres Traums vom Kiezpalast – trotz des zusätzlichen finanziellen und architektonischen Aufwands, mir die nötige Energie und Lust gibt, weiterzumachen.
Im Erdgeschoss der Kumi*13 zieht das Nachbarschafts- und Familienzentrum ein.
Vor ein paar Tagen ist unsere erste Baustelle in der Kumi fertig geworden. Die Ladenräume im Erdgeschoss sind renoviert und das Nachbarschafts- und Familienzentrum Kurmark (NBZ) ist temporär eingezogen. Denn ihr altes Gebäude in der Kurmärkischen Straße 1-3 wird abgerissen, dann wird dort der Campus der Generationen neu gebaut und das Nachbarschaftszentrum zieht zurück. Baustellen werden wir in diesem Jahr also noch viele haben, doch diese erste Etappe des Bauens ist ein besonderer Schritt für unsere Kumi. Ein Bau, ein Gedanke, der formuliert wird. Es ist wahrlich eine grundlegende Stelle: Das Erdgeschoss. Es öffnet seine Fenster und Türen auf die Gehwege, in den Kiez. Es ist für uns eine Zone zwischen Wohnen und Welt, die Schwelle zwischen unseren privat belebten Wohnräumen in den oberen Stockwerken und unserem Anschluss in die Nachbarschaft, in die Stadt. Von Beginn an war es unser Wunsch, Menschen im Kiez zusammen zu bringen. Unsere Gewerberäume möchten wir für Aktivitäten und Angebote öffnen, die beleben, die uns als Kumi im Kiez verorten, es uns ermöglichen uns ins Gewebe dieser Stadt hineinzuflechten. Treffen, sprechen, spielen, ausprobieren, lernen, scheitern, wohltun, zuhören, verweilen! Seitdem das Nachbarschaftszentrum da ist, sind die Fenster geöffnet, innen liegen Kissen auf den tiefen Fensterbänken und laden zum Verweilen mit Blick auf die Zwölfapostelkirche ein. Die Pandemie lässt das Leben zwar noch ruhig sein, aber all die Tische und Stühle laden ein zum Hoffen.
Mit der Fertigstellung des Erdgeschosses ist für uns nicht einfach nur ein kleiner Abschnitt der Baustelle vollbracht oder abgeschlossen, sondern nun ist ein Anfang gemacht, ein Raum hingeworfen, in dem sich Handlung entfalten wird. Zwischen Wohnen und Welt möchte sich die Kumi als lokale, einladende, zusammenbringende Stelle immer weiter bauen. In diesem Sinne: Auf ein Jahr mit vielen Baustellen freue ich mich; ganz besonders mit Jutta und ihrem NBZ-Team. Sie fand am Tag ihres Einzugs vor der Haustür ein 1-Cent-Stück – ein glücklicher erster Moment!
Jutta (NBZ) und Antonia (Kumi) bei der Übergabe der Erdgeschossräume
Es war auch für die KUMI*13 ein seltsames Jahr, dieses 2020. Zunächst ging es lustig drauf los mit den Umbauarbeiten zu Jahresbeginn, dann wurde die Baustelle Lockdown-bedingt immer menschenleerer, und die wöchentlichen Treffen unserer Gruppe verlagerten sich auf die Bildschirme.
Über den Sommer und Herbst haben wir dann gefühlt alle Arten von Zusammenkünften ausprobiert, die man sich ausdenk-en kann, um der sozialen Distanzierung zu entgehen oder ihr gerecht zu werden: Ein paar Furchtlose vor Ort, die anderen per Video zugeschaltet, sommerliche Hofessen im von der „AG Wächse“ neu angelegten Topfgarten mit Suppengemüse aus Eigenanbau, dann wieder alle digital zum gemeinsamen Tanzen auf Zoom oder Jitsi mit und ohne Delay, mit laufendem und mit stehendem Bild, abendliche, gemütliche Runden an der Feuerschale, ganze Oktoberwochenenden im Freien, bis die Kälte in die Knochen kriecht, Treffen im Haus mit und ohne Abstand und mit und ohne Maske. Und dazu die Erkenntnis: Uns-ere Gruppe ist breit aufgestellt, was die verschiedenen Haltungen im Umgang mit dem noch jungen Virus angeht.
Was gab es noch in diesem verflixten zweiten Jahr unserer Kumi*13-Existenz…?
Wir haben die Architekt*innen gewechselt, nachdem wir gemerkt haben, dass wir – dem jungen Alter unserer Gruppe geschuldet – Konflikten noch allzu gern aus dem Weg gehen und deshalb eine Architektin brauchen, die Konflikte nicht scheut.
Der oben erwähnte Garten aus vielen Tontöpfen mit Zier- und Nutzgewächsen, mit Gingkos, Wandelröschen, Erdbeeren und Tomaten wurde nach und nach immer schöner und wichtiger für uns alle in der weitgehend betonierten Landschaft von Schöneberg-Nord.
Wir haben festgestellt, dass es Paare innerhalb der Gruppe nicht einfacher haben als Einzelpersonen, weil sie zwar Absprachen treffen können, sich gegenseitig in Diskussionen unterstützen oder zuweilen auch nur abwechselnd an den wöchentlichen Sitzungen teilnehmen, dass sie im Gegenzug aber dazu verdammt sind, in jeder freien Minute über die Kumi*13 zu reden. Und das ist Strafe genug.
Raus aus der Kleinfamilie hatten wir vollmundig angekündigt in unserer Außendarstellung… Dass uns das viel schwerer fällt, als wir dachten, ist auch eine Erkenntnis aus 2020. Die große Cluster-WG über zwei Etagen ist auf zwei provisorische Mini-WGs von jeweils einem Paar mit einer Mitbewohnerin geschrumpft, unsere Gemeinschaftsräume – das sogenannte Kumiherz – wandern Kosten-bedingt in unattraktivere Räume, und auch das geplante Kinderzimmercluster im Herzen des Hauses hat sich nach und nach wieder in die Familienwohnungen einsortiert. Einige von uns hegen die Hoffnung, dass es sich, wenn wir erst mal alle im Haus wohnen, auch wieder in eine andere Richtung entwickelt. Sollbruchstellen innerhalb der Kleinfamilien sind reichlich vorhanden.
Zwei neue Hausbewohner sind zur Welt gekommen!
Die schöne, große ehemalige Bugatti-Werkstatt hinter dem Haus wurde unter Denkmalschutz gestellt und muss nicht abgerissen werden. Yippieh! Sie ist und bleibt damit Projektionsfläche für zukünftige gesellschaftliche und soziale Experimente aller Art.
Nach diesem Jahr der 1001 Videokonferenzen und Millionen Bildschirmstunden wissen wir umso mehr, warum wir das alles machen: einen unabhängigen Ort aufzubauen, an dem man analog zusammen leben, probieren, arbeiten, scheitern, lieben, streiten, spielen, sich austauschen und sich treffen kann. Wir freuen uns auf 2021 und dann hoffentlich auch wieder auf Besuch von Euch. Schaut gerne auch einmal auf unseren BLOG und folgt uns auch auf Facebook und Twitter.
Die Regionalberatung des Mietshäuser Syndikats in Berlin-Brandenburg (MHS BB) hat auf der Basis langjähriger Erfahrungen in der Beratung von Mieter:innengemeinschaften in Bedrängnissituationen aufgrund von Kaufbestrebungen kapitalstarker Investoren sieben Forderungen für eine Stärkung des kommunalen Vorkaufsrecht ausgearbeitet. Wir finden diese Forderungen unterstützens- und verbreitenswert:
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung (BBSR) veröffentlichte zwei lesenwerte Broschüren, die wir hier empfehlen wollen: „Gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik“ (2019) und das „Glossar zur gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung“ (2020). In diesen Broschüren wird im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) ausführlich auf das Mietshäuser Syndikat als „gemeinwohlorientierter Akteur“, die strukturellen Eigenschaften dieser Mieter:innen-Selbstverwaltung und den Ausschluss des Wiederverkaufs der Immobilien eingegangen. Pflichtlektüre für alle, die es bisher noch nicht wussten. Deshalb haben wir die entsprechenden Seiten herausgesucht …
Auch das Glossar verweist kurz und knapp auf die Nicht-Verkäuflichkeit der Immobilien im Mietshäuser Syndikat. Zudem möchte es mit zahlreichen neuen Begrifflichkeiten zum Nachdenken über die neuen Akteure und ihren Nutzen für die „gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung“ anregen. Wir haben einige lesenswerte Begriffe des Glossars herausgesucht:
Das Hausprojekt Kumi*13 wird mittlerweile auch in den Medien als einer dieser neuen Akteure einer alternativen Stadtentwicklung wahrgenommen. „Millieuschutz von unten“ schreibt der Berliner Tagesspiegel und berichtet im Sommer 2020 sehr angetan von den Potentialen des Projekts für den Kiez im Schöneberger Norden.
Die Kumi*13 beteiligte sich im September bei dem Nachbarschaftsprojekt „Schöne Fläche Nord“ der Initiative „Kiez erFahren“: Die Initiative hatte 5 Parkplätze gemietet und die AnwohnerInnen zeigen dort Vorschläge, welche anderweitigen Nutzungen auf diesen 12 m2 großen Autostellfläche denkbar wären. Der Parkplatz in der Zietenstraße/Ecke Bülowstraße wurde von der Kumi*13 umgenutzt. Wir haben unsere neue Nachbarschaft zum „Klatschen“ eingeladen.
Aus unserer Einladung: „Wehende Wäsche in einer
Momentaufnahme. Ein Bild, das die Zeit einfriert, als der Wäschetag ein
Versammlungsort der Frauen war. Das klatschende Geräusch, das entsteht, wenn
der Schmutz aus den ausgelaugten Wäschestücken auf den Steinen herausgeschlagen
wurde, gab auch dem arbeitserleichternden Gerede, dem Schwatzen und
Lästern der Frauen seinen Namen. Der Klatsch ist eine unterschätzte Form
der Wissensvermittlung. Die Klatschenden spekulieren über soziale, politische
oder sexuelle Überschreitungen, man testet soziales Verhalten von sich und
anderen, man erfindet sich neu. Der Klatsch zirkuliert zwischen Leuten,
angeblich meist Frauen, er läuft unter dem Radar, Klatsch kann nicht
zensuriert werden. Versammeln wir uns zu nachbarschaftlichen Klatschtagen in
der Zietenstraße. Ein Hoch auf den Klatsch!“
An
drei Abenden saßen einige „Kumistas“ mit vorbeischauenden Nachbarn oder
zufälligen Passanten zusammen und haben über den Kiez als auch unser
Hausprojekt geplaudert.
Zum diesjährigen „Tag des Denkmals“ öffneten wir am 12. und 13. September den Innenhof, die Remise und Garage. Wir präsentierten die Ausstellung „Vom bürgerlichen Wohnhaus zum selbstverwalteten Hausprojekt“. Trotz corona-bedingtem Hygienekonzept haben circa 120 Menschen die Möglichkeit uns und unsere Immobilie zu besuchen wahrgenommen.
Wir
zeigten eine CHRONOLOGIE aller Eigentümer*innen und Bewohner*innen, mit Namen
und Berufen, seit 1877 bis heute, welche die Altmieterin Susanne Kahl aus
Telefon- und Adressbüchern zusammengetragen hat. Mit
FENSTERBILDERZWISCHENWELTEN präsentierten wir Pastellgemälde von Peter Klemke, der
sein Atelier in den 80er Jahren in der Kurmärkischen 13 hatte und wir stellten in
zahlreichen Gesprächen und dem Film „Das ist unser Haus!“ das SYNDIKATSMODELL vor.
Der Tag des offenen Denkmals wurde bundesweit koordiniert durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und fand unter dem Motto „Chance Denkmal: Erinnern. Erhalten. Neu denken” statt.
Die Kumi*13 war Teil des Berliner stadtpolitischen Initiativen-Bündnis „Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“, dass am 20. Juni zur Demonstration „Shut down Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause für alle!“ aufgerufen hatte. Die Demo-Route führte von Potsdamer Platz in den Schöneberger Norden. Unser Kiez also! Unsere nähere Umgebung steht gegenwärtig unter enormen Veränderungsdruck. Sozio-kulturelle Einrichtungen – wie die selbstverwalteten Jugendzentren „Drugstore“ (gegründet 1972) und die „Potse“ – stehen vor dem Aus. Kapitalstarke Investorengruppen hingegen bauen augenscheinlich an jeder möglichen Straßenecke und -nische. Das wird die Atmosphäre im Schöneberger Kiez absehbar verändern. Ehrensache also, dass auch wir versucht haben den Jugendlichen der „Potse“ und der allgemeinen Nachbarschaft unsere Solidarität auszudrücken. Am Vorabend der Demonstration trafen sich einige Kumistas und entwarfen eine öffentlichkeitswirksame Idee. Die künstlerisch begabteren Hände begannen flux mit deren Umsetzung …
Hört auf die Kumi-Kids. Sie haben Recht!
rbb Abendschau Beitrag 20.Juni 2020 mit Steffi und Micha
Aufruf: „Shut down Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause für alle!“ Juni 2020
Seit Jahren erleben wir in unseren Städten eine Mieten- und
Wohnungskrise. Die “Wohnungs- und Immobilienmärkte” sind auf die
Profitinteressen von Investor*innen, Vermieter*innen und Eigentümer*innen
ausgerichtet. Sie versagen schon lange dabei, ausreichend bezahlbare Wohnungen,
Gewerberäume, soziale und kulturelle Räume bereitzustellen. Die
COVID-19-Pandemie verschärft diese Krise dramatisch. Doch selbst jetzt müssen
noch Menschen auf der Straße oder in Sammelunterkünften leben.
Spätestens seit der letzten Finanzkrise hat die Wohnungs-
und Immobilienwirtschaft Gewinne über Gewinne aufgehäuft. Die Rechnung haben
wir Mieter*innen bezahlt. Auch jetzt sollen die Mieten weiter fließen, selbst
wenn unsere Einkommen eingebrochen sind.
Die Bundesregierung garantiert – auf Kosten der
Allgemeinheit – die Mietsteigerungen der letzten Jahre mit Transferleistungen.
Bis Ende Juni gibt es auch einen coronabedingten Kündigungs-Aufschub. Aber wie
sollen wir später Mietschulden zurückzahlen, wenn wir uns die Miete schon jetzt
kaum leisten können? Und wenn die Regierung selbst diesen unzureichenden
Kündigungs-Aufschub nicht verlängert, drohen ab Herbst erneut Zwangsräumungen
und eine Verdrängungswelle.
Wir sagen: Shut down Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause
für alle!
Statt den Vermieter*innen ihre Einnahmen und Gewinne
abzusichern, müssen wir die Notbremse ziehen, damit die Mietenkrise nicht zu
einer sozialen Katastrophe eskaliert. Dabei geht es nicht nur um unser Wohnen,
sondern auch um unsere Läden, Kneipen, Kulturorte und sozialen Zentren, die
schon jetzt um ihre Existenz fürchten. Deshalb fordern wir:
1) Mietschulden erlassen
Mietschuldenerlass bei Wohnraum und Kleingewerbe statt Subventionen für hohe
Mieten und Finanzinvestor*innen!
3) Wohnungen für alle!
Wohnungslose und Geflüchtete in Wohnungen unterbringen! Zwangsräumungen,
Versorgungssperren und Kündigungen verhindern!
Dafür wollen wir am 20. Juni 2020 bundesweit auf die Straße
gehen. Wir rufen alle Organisationen und Initiativen dazu auf, sich mit
Kundgebungen und kreativen Aktionen zu beteiligen. Machen wir Druck für eine
soziale Krisenlösung und gegen die fortgesetzte Umverteilung von unten nach
oben!
Aktionsbündnis gegen Verdrängung und #Mietenwahnsinn
In unregelmäßigen Abständen möchten wir Euch über den Stand der Planungen und Ideen zum selbstverwalteten Haus in der Kurmärkischen Straße 13 informieren.
Was bisher geschah: Das Mehrparteienhaus Kurmärkische Straße 13 wurde im Oktober 2019 von uns gekauft, entprivatisiert und in Gemeineigentum verwandelt, der Wiederverkauf der Immobilie ist damit auf alle Zeiten ausgeschlossen. Möglich wurde dies durch eine sich blitzschnell organisierende Gruppe von Freund*innen und Kolleg*innen, die ihr anfängliches Dilettantentum in Bezug auf Immobilienankäufe (Abwendungsvereinbarung? Ertragserwartungsspekulation? Milieuschutzsatzungen? etc.) durch kollektive Wissensaneignung potzblitz überwand und unterstützt von dem Erfahrungswissen des Mietshäuser Syndikats schnell handeln konnte. Hinzu kam die wissende Gelassenheit einer älteren Eigentümerin, die nicht mehr jeden Heller aus ihrem Eigentum herausschlagen musste (und trotzdem kostete das Haus noch 4 Millionen Euro).
Der prozentuale Mieter*innenanteil in Berlin ist höher als in jeder anderen Metropole und nirgendwo sonst gibt es so viele selbstorganisierte Hausgemeinschaften. Allein 18 Häuser in 10 Stadtteilen sind mit der Beteiligung des Mietshäuser Syndikats in den letzten 20 Jahren vom Markt genommen worden. Jetzt ist noch eins dazugekommen in Schöneberg. Vorwärts die Kuminist*innen! Im Kampf für bezahlbaren innerstädtischen Wohnraum und die Ausweitung der gemeinwirtschaftlich verwalteten Wohnungsbestände!
Was demnächst passiert: Die Bewohnerschaft der Kumi*13 (je nach Verfassung Kumis, Kumistas oder Kuminist*innen genannt) werden letztlich 40 Personen sein: zukünftige Mieter*innen und schon im Haus Ansässige (Fachjargon: Bestandsmieter*innen), hinzu kommen mehrere Zwischennutzer*innen bis die Instandsetzungsarbeiten abgeschlossen sind. Die Umbauarbeiten, die Sanierung der denkmalgeschützten Fassade, die Trockenlegung des Dachstuhls haben schon begonnen. Das Haus wird in autonome Wohneinheiten strukturiert, Einraumwohnungen, WG´s, Familiendomizile und Gemeinschaftswohnungen, es gibt Gewerberäume und eine große Gemeinschaftsküche als Herzstück für das ganze Haus. Ab Oktober diesen Jahres ziehen die ersten neuen Mieter*innen ein.
Direktkredite: Wie finanziert sich das Hausprojekt? Das notwendige Eigenkapital wird durch zahlreiche Vergaben von „Direktkrediten“ an unsere HausGmbH aufgebracht. Wir erfahren seit Monaten eine großartige, solidarische Unterstützung. Herzlichen Dank dafür! Dennoch suchen wir aktuell noch an die 400.000 Euro Direktkredite. Falls ihr unser Hausprojekt solidarisch unterstützen wollt, ist schon eine Geldanlage ab 1.000 Euro willkommen. Die Zinssätze für diese Darlehen können von den Unterstützer*innen zwischen 0 bis 1,5 Prozent selbst bestimmt werden. Ausführlichere Informationen bekommt Ihr über unsere Webseite unter DIREKTKREDITEoder die persönliche Kontaktaufnahme mit uns: dk@kumi13.org
Wohin? Wir nähern uns der Formulierung eines Konzepts vorerst zögerlich mit der Erstellung eines benutzerfreundlichen Glossars, wo spezifisch im Kuminismus-Kontext auftauchende Ereignisse und Begriffe, fachsprachlich definiert und verlistet werden. Die Glossographen wechseln, der Wortschatz wächst, wir halten Euch auf dem Laufenden. Das Kuministische GLOSSAR hier.
Presse: Am 7. Dezember 2019 haben wir in der Kumi*13 den „1. Tag der offenen Tür“ mit über 200 Besucher*innen gefeiert. Der realdadaistische Pastor Leumund weihte das dem Markt entzogene Haus. Begeisterte Resonanz von Nachbarschaft und Presse auf unseren Projektstart. Fotos findet Ihr auf unserem BLOG, die zahlreichen Medienberichte hier im PRESSEECHO
Unser Haus ist eine Baustelle, aber trotzdem hieß es Türen auf für alle Neugierigen und ihre Fragen. Am 7. Dezember hatten wir eingeladen und es kamen Nachbar*innen, Freund*innen, Verwandte und Bekannte und auch viele Menschen, die ähnliche Projekte planen oder schon umgesetzt haben. Es wurde noch bis kurz vor knapp wild improvisiert, aber um halb 3 ging’s dann los im Treppenhaus:
Eine Blitzerzählung der noch sehr kurzen Lebensgeschichte der KUMI*13 aus 17 Mündern, eine Rede der parteiunabhängigen Bürgerdeputierten für den Bereich Stadtentwicklung des Bezirks und eine Kurz-Anleitung dazu, was es braucht für ein solches Hausprojekt, nämlich:
Dann ging es über alle fünf Etagen…
… durch weniger und noch weniger renovierte Räume…
… in die ehemalige Garage zu Glühwein und kollektivem Halluzinieren. Darüber, was man hier wohl alles veranstalten könnte. Ideen und Vorschläge gab es von Gewächshaus bis Rollerdisco…
Wer weniger laufen wollte, konnte im improvisierten Café, das zum Abend hin eine Bar wurde, näheres über die Kumi*13 erfahren…
… oder auch einfach nur gemeinsam kochen und essen.
Um 18.30 Uhr war es dann schließlich so weit. Es ist eine lustige Vorstellung, was der Bauherr dieses hochherrschaflichen Stadtpalais wohl gesagt hätte, wenn er gesehen hätte, wie sein Haus ein zweites Mal eingeweiht wird.
Klick it!
Diesmal vom eher weltlichen Pastor Leumund. Mit Elektro-Punk, einer psychedelischen Liturgie und Weihwassersprühnebel aus Klobürsten.
Es war schön für uns, unser Haus zum ersten Mal zu öffnen, auch wenn es zunächst nur ein Tag war, mit so vielen netten Menschen zu sprechen, aus der Nachbarschaft, aus ähnlichen Projekten… und vielleicht gelingt es uns, den ein oder anderen Wunsch umzusetzen, der am Abend in unserem Wunschtopf lag.
Ein Stadt-Land-WG-Zimmer im Austausch mit einem Mietshäuser Syndikats Projekt in Brandenburg beispielsweise, das wär doch was für 2020 und danach…
Wir danken Pastor Leumund für seine real-dadaistischen Weissagungen und den historischen Moment der „Weihe“ unseres Hausprojekts am „Tag der offenen Tür und offenen Fragen“ im Dezember 2019. Allen Ungläubigen sprühte er aus weißen Toilettenbürsten das Weihwasser um die Ohren … „Tatsache ist doch, dass alle Kippen kaufen anstatt das Kaufen zu kippen!“ Wir werden bei Gelegenheit und mit tiefen Lungenzügen im Rauchereck nochmals darüber diskutieren. Weitere Weisheiten aus der Predigt von Pastete Leumund konnten festgehalten werden …
„Alle wissen wie man´s macht, ich mache es anders! Heute ist es modern vor sich hin zu modern. Heute gilt es als schick mit ´nem Knick im Genick … Langeweile macht erst Sinn, wenn ich weggegangen bin! Das System sollte sich was schäm´!“
„Außerplanetarische Opposition! Hier Kurmärkische 13! Die Menscheit verhält sich seltsam. Gegen die Kälte der Verhältnisse hält nur ein dickes Fell warm. Ich find´generell das Modell arm. Aliens welcome! Für immer und immer im inneren Fernsehzimmer verschlimmern sich geschwindelte Hoffnungsschimmer. Sind die Gedanken frei? Oder sind wir vom Brainwash high?“
„Alle zahlen kräftig drauf beim Planetenschlussverkauf. Die letzte Hoffnung ist Flöten. Die Trübsaal will uns einen Blasen. Das war die Zukunft Wir schreiben Gott einen Brief, denn hier läufts perspektiv schief. Ich glaub´ ich wander mal ins Neandertal …“
Was der Pastor aber selbst noch nicht weiß: Er muss ‚mal wieder kommen. Er hat hier seinen „Schmetterling aus Beton“ vergessen.
Die Kumi*13 ist das 20. Hausprojekt des Mietshäuser Syndikats in Berlin. Für uns ein wundersamer Glücksfall. Doch nicht alle Gruppen, die eine Immobilie als Gemeingut in Selbstverwaltung entwickeln wollen, haben dieses „Glück“. Es gibt mittlerweile ein Netzwerk von Initiativen, die seit vielen Jahren sich engagiert, aber vergeblich bemühen in Vergabeverfahren eine Immobilie erwerben und entwickeln zu können. Aus ihren Erfahrungen haben sie einen stadtpolitisch relevanten Forderungskatalog aufgestellt. „Gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung“ sollte nicht nur in ministerialen Hochglanz-Broschüren propagiert werden, nein, für ihre Akteure müssen auch lokalpolitische und verwaltungsrechtliche „Weichen“ richtig eingestellt sein. Die Kumi*13 unterstützt den Aufruf der Initiativen …
Aufruf: Wir Hausprojektinitiativen des Mietshäuser Syndikats (MHS) unterstützen den Ansatz des Berliner Senats und vieler Bezirke, der aktuellen Wohnungsnot und Mietenkrise mit einer Doppelstrategie zu begegnen. Neubau sowie Stabilisierung der Sozialräume und Kieze sind notwendige Maßnahmen für den Erhalt und die Weiterentwicklung einer sozialen Stadt. Wesentlich für die Stabilität der Kieze ist unter anderem eine möglichst große Vielfalt an Wohnungsmarktakteur*innen. Neben dem Ausbau des kommunalen Bestands erachten wir die besondere Förderung und Unterstützung gemeinwohlorientierter Organisationen als dringend erforderlich. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen ist es insbesondere den MHS-Initiativen nicht mehr möglich, Neubauprojekte in Berlin zu verwirklichen.
Damit MHS-Projekte Teil der stabilisierenden Vielfalt auf dem
Berliner Wohnungsmarkt sein können, müssen die folgenden zehn
Forderungen erfüllt sein:
MHS-Initiativen müssen klassischen Genossenschaften beim Zugriff auf Flächen und Fördermittel gleichgestellt sein.
Jegliche Vergabeverfahren müssen den dauerhaften Erhalt von
Mietwohnungen bzw. eine Mietpreisbindung und die Vermeidung von
Individualeigentum zum Ziel haben.
Der Erbpachtzins muss residual (d.h. ausgehend von der gewünschten Miete) festgelegt statt am Bodenrichtwert orientiert werden.
Geförderte Wohnungen (mit Wohnberechtigungsschein) müssen
mit zinslosen Darlehen in Höhe der tatsächlichen Baukosten gefördert
werden.
Anfallende Kosten in der Bewerbungs- oder Wettbewerbsphase
von Vergabeverfahren müssen vermieden, niedrig gedeckelt oder
bezuschusst werden.
Konzeptverfahren müssen als dialogisch geführte Anhandgabeverfahren durchgeführt werden.
Konzeptverfahren müssen nach rein inhaltlichen Kriterien gestaltet werden, frei von finanziellem Wettbewerb.
Risiken (bspw. Altlasten) müssen in der Erbpachtvergabe von den Vergebenden getragen werden.
Vor der Vergabe muss Planungssicherheit bestehen und Kosten
für die Herstellung der Bebaubarkeit müssen von den Vergebenden getragen
werden.
Zum Erreichen eines sozial vertretbaren Mietpreises muss die Förderlandschaft insgesamt verbessert werden.
Vertiefende Erläuterungen:
Zu 1.: MHS-Initiativen müssen klassischen Genossenschaften beim Zugriff auf Flächen und Fördermittel gleichgestellt sein
MHS-Projekte und
Genossenschaften weisen in ihrer Zielsetzung große Gemeinsamkeiten auf:
Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung durch die
Bewohner*innen ohne die Absicht, Rendite zugunsten Dritter zu erzielen.
Das MHS-Modell stellt zusätzlich sicher, dass der geschaffene Wohnraum
in vollem Umfang zu dauerhaft günstigen Mieten erhalten bleibt. Beide
Modelle können eine vergleichbare Rolle bei der sozialen Stabilisierung
und Entwicklung der Stadt spielen, setzen aber unterschiedliche
Schwerpunkte. Günstige Mietpreise sind ein zentrales Kriterium in den
Konzeptverfahren und langfristig gesicherte Mietpreise gleichzeitig ein
zentrales Anliegen des Mietshäuser Syndikats. Ohne vergleichbaren Zugang
zu Fördermitteln entsteht den MHS-Initiativen jedoch ein starker
Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu Genossenschaften und anderen
Modellen
Zu 2.: Jegliche Vergabeverfahren müssen den
dauerhaften Erhalt von Mietwohnungen bzw. eine Mietpreisbindung und die
Vermeidung von Individualeigentum zum Ziel haben.
Land und Bezirke müssen für alle
Entwicklungsgebiete und Grundstücke klare Ziele und inhaltliche
Schwerpunkte formulieren. Die Garantie eines dauerhaften Erhalts von
Mietwohnungen sollte hierbei einen hohen Stellenwert einnehmen und
hinsichtlich der Vergabe entsprechend hoch bewertet werden. Übererfüllen
von Kriterien (bspw. dauerhafte Mietpreisbindung statt im Verfahren
geforderter 30 Jahre) müssen sich in der Bewertungsmatrix abbilden und
zu einer positiveren Bewertung führen. Dies wäre ein nachhaltiger
Beitrag zur langfristigen Stabilisierung des Berliner Mietmarkts.
Zu 3.: Der Erbpachtzins muss residual (d.h. ausgehend von der
gewünschten Miete) festgelegt statt am Bodenrichtwert orientiert
werden.
Erbbaupachtverträge eignen sich
gut, um gemeinsame Interessen und Ziele von Stadt, Bezirken, Kiezen und
Organisationen wie dem MHS inhaltlich differenziert, konkret und
dauerhaft festzuschreiben und zu verfolgen. Dort, wo am Gemeinwohl
orientierte Zwecke und Ziele verfolgt werden, sollte die öffentliche
Hand keine weiteren Verwertungsinteressen wie zusätzliche finanzielle
Erlöse durch ertragsreiche Verkaufspreise oder einen hohen Erbpachtzins
anstreben. Nur durch eine residual angelegte Zinshöhe jenseits von
Bodenrichtwert, Preissteigerungen und anderen Marktaspekten sind
sozialverträgliche Mieten und andere im Erbbaupachtvertrag
festgeschriebene Ziele erreichbar und dauerhaft möglich.
Zu 4.: Geförderte Wohnungen (mit Wohnberechtigungsschein)
müssen mit zinslosen Darlehen in Höhe der tatsächlichen Baukosten
gefördert werden.
Während die aktuellen Baukosten
für MHS-Projekte bei ca 2.600 bis 4.000 €/m² Wohnfläche liegen, stellt
die Wohnungsbauförderung ein Darlehen über max 1.300 €/m² bereit. Die
verbleibende Lücke muss anderweitig finanziert werden, da die
Mieteinnahmen im geförderten Wohnraum diese nicht füllen können. Dies
führt dazu, dass es zu einer Querfinanzierung durch die Mieter*innen in
den nicht geförderten Wohnungen kommt und die Mieten der frei
finanzierten Wohnungen in der Folge zwangsläufig ansteigen.
Insbesondere, wenn der Anteil der geförderten Wohnungen in einem
Neubauprojekt über den Minimalforderungen liegt, steigen die Mieten der
nicht-geförderten Wohnungen erheblich (aktuell bis weit über 20€/m²).
Einerseits halten wir einen hohen Anteil an gefördertem Wohnraum für
richtig und notwendig, andererseits führt die beschriebene Dynamik
potenziell zu einer großen Spreizung an Miethöhen innerhalb eines Hauses
und macht eine gute soziale Durchmischung im Haus schwierig, wenn nicht
unmöglich. Eine Erhöhung des Förderdarlehens pro m² Wohnraum mit Blick
auf die tatsächlichen Baukosten halten wir daher für dringend notwendig –
vor allem bei Projekten, die mehr als 30% geförderte Wohnfläche
schaffen.
Zu 5.: Anfallende Kosten in der Bewerbungs- oder
Wettbewerbsphase von Vergabeverfahren müssen vermieden, niedrig
gedeckelt oder bezuschusst werden.
Aufgrund des speziellen
Gesellschafts- und Finanzierungsmodells von MHS-Projekten bedeuten hohe
Kosten in den ersten Stufen eines Vergabeverfahrens eine besondere
Belastung für die teilnehmenden Initiativen sowie Einzelpersonen in den
Initiativen. Das entstehende finanzielle Risiko stellt eine große Hürde
für die Teilnahme an Vergabeverfahren dar.
Zu 6.: Konzeptverfahren müssen als dialogisch geführte Anhandgabeverfahren durchgeführt werden.
MHS-Projekte und andere
gemeinwohlorientierte Akteure benötigen einen niedrigschwelligen
Einstieg in Vergabeverfahren ohne hohe Vorkosten (z.B. lediglich
Erstellung von Grobkonzept und Bauskizzen). Im zweiten Schritt kann eine
gemeinsame Entwicklung des konkreten Konzepts mit der zuständigen
Vergabestelle in einem dialogischen Prozess erfolgen. So wird erreicht,
dass erst nach dem Zuschlag größere Kosten anfallen. Dialogisch
durchgeführte Anhandgabeverfahren bieten den großen Vorteil, dass auf
dem Weg zum Projekt bei allen Beteiligten ein gemeinsames Verständnis
für Interessen und Ziele der jeweils anderen entsteht, ebenso wie über
die Bedingungen und Möglichkeiten ihrer Umsetzung.
Zu 7.: Konzeptverfahren müssen nach rein inhaltlichen Kriterien gestaltet werden, frei von finanziellem Wettbewerb.
Sobald finanzielle Aspekte wie
Kaufpreis oder Erbpachtzinshöhe in die Bewertungsmatrix eines
Vergabeverfahrens einfließen, werden die inhaltlichen Ziele in zweierlei
Hinsicht verwässert und geschwächt. Zum einen kann ein höherer
finanzieller Beitrag bei ähnlicher Bewertung der Inhalte immer den
Ausschlag für den Wettbewerbsgewinn geben und damit das inhaltlich
bessere Konzept scheitern lassen. Zum anderen muss die zusätzliche
finanzielle Belastung durch einen finanziellen Wettbewerb im
Vergabeverfahren immer entweder durch Abstriche im sozialen Konzept oder
eine zusätzliche finanzielle Belastung der Bewohner*innen durch erhöhte
Mietpreise ausgeglichen werden. Somit bedeutet finanzieller Wettbewerb
immer eine Schwächung sozialer Ziele und dauerhaft günstiger Mieten.
Risiken (bspw. Altlasten) müssen in der Erbpachtvergabe von den Vergebenden getragen werden.
Zu 8.: Risiken wie Altlasten im Boden dürfen ein soziales Wohnprojekt und dessen übergeordnete Ziele nicht gefährden.
Selbst wenn der Risikofall nicht
eintritt, führen mögliche Altlasten und andere Risiken zu veränderten
Kreditbedingungen und direkten finanziellen Belastungen wie z.B. zu
einem erhöhten Eigenkapitalbedarf.
Zu 9.: Vor der Vergabe muss Planungssicherheit bestehen und
Kosten für die Herstellung der Bebaubarkeit müssen von den Vergebenden
getragen werden.
Um gemeinwohlorientierten
Akteuren wie dem MHS die Entwicklung von sozialen Wohnungsbauprojekten
im Rahmen von Vergabeverfahren zu ermöglichen, muss vor der Vergabe
Planungssicherheit hergestellt werden. Fehlende Planungssicherheit,
bspw. durch fehlende Bebauungsplanung oder fehlende Angaben zur
Bebaubarkeit von Grundstücken, machen konkrete Vorhaben unkalkulierbar
und stellen daher ein hohes finanzielles Risiko dar. Dieses Risiko
können kleine und projektbezogen agierende Akteure wie das MHS nicht
tragen.
Zu 10.: Zum Erreichen eines sozial vertretbaren Mietpreises muss die Förderlandschaft insgesamt verbessert werden.
Selbst bei optimaler Ausnutzung
der vorhandenen Möglichkeiten können in der aktuellen Förderlandschaft
strukturell und finanziell bedingt keine dauerhaft bezahlbaren, sozial
verträglichen Mietpreise erzielt werden. Dies gilt insbesondere für
nicht mietpreisgebundene, sondern frei finanzierte Wohnungen im Neubau.
Probleme ergeben sich beispielsweise durch die Höhe der aktuellen
Zinssätze und die Bedingungen für verschiedene Fördermittel und Kredite.
Im Kontext vergangener Vergabeverfahren und anderer Projektansätze sind
verschiedene Initiativen des MHS übereinstimmend zu diesem Ergebnis
gekommen. Eine grundlegende Analyse und die nachfolgende
Neustrukturierung der Förderlandschaft in Gänze ist aus Sicht des MHS
dringend nötig und sollte zusätzlich zur Umsetzung der hier formulierten
Forderungen erfolgen.
Berlin, August 2019
Akteure der neun Initiativen des Mietshäuser Syndikats in Berlin