Themroc in der Tiefgarage: Tag des offenen Denkmals 2024

Unsere Halle und Tiefgarage als „Wahrzeichen“ von „Verwahrlosung“ – passend zum Thema des diesjährigen bundesweiten Tag des offenen Denkmal konnten Besucherinnen und Besucher Spuren von Gruppenprozessen, von Zerstörung und Wiederaufbau der Kumi*13 in den letzten 149 Jahren nachspüren.

Über 60 Besucher und Besucherinnen wurden von uns am Wochenende 8. und 9. September 2024 auf Rundgängen durch Halle, Tiefgarage, Hof und unsere Gruppenräume geführt. Zu entdecken waren Infografiken zum Haus und unserer Geschichte, Plakate mit namentlicher Nennung aller Bewohner*innen seit 1875, Statements zu unserer Motivation für die Kumi*13 und natürlich die Räume selbst mit Algen an den Wänden und Stützen gegen den Zusammensturz der Tiefgarage bis zu restauriertem Stuck und originalem Tafelparkett in unserem „Schatzkämmerlein“ wie wir liebevoll unseren kleinen „Palast für Alle“ nennen: von Verwahrlosung bis wahren Schätzen ist hier alles dabei!

Das Highlight (im Downlight der Tiefgarage) war die erstmalige Nutzung der Tiefgarage als Kinoraum. Yves Mettler stellte dafür kurze Episoden aus dem französischen Film Themroc (1973, Claude Faraldo) zusammen mit dem für das Kino konzipierten stop Motion ähnlichen Trailer aus aneinandergereihten Gruppenfotos der Kumi*13 (2024, Hannah Hurtzig, Benjamin Krieg u.a.). Die Aneignung der eigenen Ohnmacht gegenüber den nicht zu kontrollierenden Wirren und Dynamiken einer selbstorganisierten Gruppe und gegenüber dem gleichzeitigen Zerlottern der Tiefgarage und Halle durch eindringendes Wasser und undichte Dächer, durch fehlendes Geld und zu wenig Zeit für dieses Ehrenamt nachdem wir fünf Jahre das Wohnhaus der Kumi*13 wieder aufgebaut hatten: Im Angesicht von Piccoli wie er mit einem Vorschlaghammer Hauswände einreißt, Möbel auf die Straße wirft, wild und ungebändigt zerstört und zusammenflickt und alle Umstehenden in diesen Strudel anarchischer Lust und Unlust einbezieht, entstand ein bitteres und befreiendes Glück, ein lachendes Loslassen dieser wahrhaften Materialität angesichts des Wandelns, der Vergänglichkeit in diesem Haus, von Materiellem und Immateriellem. Wie ein ferner Ruf aus einer anderen Zeit? Aus den Tiefen der Tiefgarage, deren Verwahrlosung dringlichst nach Aktion und nicht nur bloßem Aktionismus, nach Commoning und nicht eigentümlichem Verwerten ruft. Mit Blick in das Dunkel der Tiefgarage, wo nur einzelne Ecken von müden Leuchten erstrahlten, war nun der weite Horizont eines Syndikatprojekts in einem Denkmalhaus zu erahnen.

Bleiben wir gespannt, was uns nächstes Jahr erwartet, dann wird das Wohnhaus Kumi*13 runde 150 Jahre alt!

Zusammenleben im Alter

Vom 15.-17. März war meine Mutter und Künstlerin Susanne Wagner in der Kumi zu Gast mit ihrer Initiative Alterswerk. Es gab eine Ausstellung mit Künstler*innen, die Teil der Initiative sind und gemeinsam der Frage nachgehen, was sich gesellschaftlich verändern sollte um gute und vielfältige, lebendige und auch für Künstler*innen passende Wohnräume möglich zu ermöglichen. Eine Ausstellung zeigte unterschiedliche Werke der Künstler*innen und am Samstag gab es spannende Vorträge. Es war richtig schön zu sehen, wie sich Menschen bei uns im Kumi-Herz über das Altwerden austauschten, über ihre persönlichen Lebenswege damit umzugehen, wie sie zu leben wünschen und welche Methoden es gibt, um sich diesen Fragen zu nähern. Wir durften auch unser Projekt vorstellen und haben ein bisschen erzählt über die letzten Jahre und wie wir hier auch mehrere Generationen zusammenbringen. So stelle ich mir das in Zukunft in der Kumi vor, dass Menschen hier zusammenkommen, Projekte starten, denken und entwickeln…

zur Webseite: Alterswerk.de

Kumi*Kinder

Seitdem unsere Tochter 2009 auf die Welt gekommen war, träumte ich von Gemeinschaft mit anderen Eltern und Kindern um sich die Arbeit zu teilen und gemeinsam schöne Momente unter Erwachsenen zu schaffen während die Kinder spielen. Als wir die Kumi gründeten, war unser zweites Kind 4,5 Jahre alt und ich war noch mitten drin im Leben mit Kleinkindern. Seitdem haben sich meine Bedürfnisse geändert, weil meine Kinder größer werden, sie Spielplatz und Buddelkasten nicht mehr so spannend finden oder sie alleine zum Sport gehen. Lohnarbeit, Hobbies und die Arbeit in der Kumi wollen außerdem alle unter einen Hut gebracht werden. Das romantische Bild, wir würden also andauernd die Kinder hin und her bringen und gemeinsam kochen, hat sich bisher nur als Wunsch formuliert. Und doch entsteht etwas und darum schreibe ich diesen Beitrag. Seit dem Sommer gab es bereits einige Momente, wo sich mir gezeigt hat, dass es schön ist in einem Haus zu wohnen, wo sich die Kinder langsam kennenlernen.

Dazu meine drei kleinen Höhepunkte:

Nachdem wir unsere Kisten und Möbel aus dem 3. Stock in die fertige Wohnung im 1.OG geschleppt hatten, begannen wir mit Kisten auspacken. Habibata, die nun mit ihrem kleinen Baby Tür an Tür mit uns wohnt, hatte morgens einen Onlinekurs, sodass ich anbot auf ihr Baby Binta aufzupassen. Sie ließ mich auf ihre kleine Binta aufpassen und ich freute mich über Habibatas Vertrauen zu mir.  Meine Kinder Anna und Bob sprangen herum und spielten zwischen Kisten und Stapeln, beschauten ab und an die kleine Binta. Ich nahm sie in eine Trage auf den Bauch und so räumte ich weiter und kochte und putzte. Wenn Räumen und Baby nicht vereinbar waren, bat ich meine Kinder auf Binta aufzupassen und sie zu bespaßen oder sie zu füttern. Es war ein sehr schönes Gefühl so einen kleinen Menschen in die Familie aufnehmen zu können: das gemeinsame Kümmern verband mich zugleich mit meinen Kindern, weil wir uns das Aufpassen auf Binta zur gemeinsamen Aufgabe machten. Zusätzlich hatte ich das Gefühl, die eher nervige Arbeit des Auspackens und den individuellen Einzug mit etwas Schönem und Gemeinschaftlichem zu verbinden.

Während dieser Tage im Haus, wo Simon und ich ununterbrochen rumräumten, Binta nicht da war und auch sonst wenig passiere, war Bob immer wieder langweilig. An einem heißen Tag war seine Schwester mit Freundinnen unterwegs und er wollte so gerne schwimmen gehen. Ich schlug ihm vor, die große 13-jährige Olivia zu fragen, die zwar eine gute Familienfreundin war, aber eben viel älter als er. Überraschend willigte sie ein und die beiden gingen zu zweit ins Freibad. Ich war überrascht und sehr glücklich, dass Olivia Freude daran hatte mit dem kleinen Bob etwas zu unternehmen. So konnten wir uns weiter den Kisten widmen.

Und dann gab es da noch den Nachmittag im September, an dem ich mit Bob und dem 5 Jahre jüngeren Anton loszog nach draußen. Hanna und ich hatten uns mit der Kinderbetreuung aufgeteilt um im Haus werkeln zu können. Nach einer Weile im Park kam Bob zu mir und sagte: Du, Mama, Anton ist mein kleiner Bruder. Und sie spielten stundenlang auf dem Spielplatz zusammen. Als großer Bruder kümmerte er sich nun darum, welches Eis Anton wollte und bestellte es ihm, er rutschte mit ihm auf der Rutsche solange bis Anton sich alleine traute. Die Zeit von Buddelkasten und Spielplatz war wieder sehr nah.

Und gestern als der Schnee über Europa geflogen kam und auch bei uns das Haus und den Hof in dickes Weiß tauchte, kam Bob überglücklich und motiviert aus der Schule. Es war schon nach 16 Uhr, es dämmerte bereits stark und er war überzeugt nun noch zwei Freunde treffen zu können und bei uns im Hof mit dem Schnee zu spielen. Doch leider ist es hier in der Stadt nicht so, dass die Kinder so nah aneinander wohnen, dass sie mal eben selbstständig rüber laufen und sich besuchen, oft wohnen die guten Freunde weiter weg oder alle sind sehr beschäftigt mit Hobbies und Verabredungen. Ich versuchte also seine Freude zu unterstützen und dennoch die Erwartung zu senken. Anrufe bei Freunden waren entsprechend erfolglos. Ich schlug ihm vor, Anuri zu fragen, die jedoch zwei Jahre älter ist als er, sodass es manchmal mit der Kommunikation nicht so passt. Doch auch sie war froh über den Schnee und dann bauten sie einen riesigen Schneemann im Dunkeln bis abends um sieben. Für die eisige Winterzeit war mit Olaf ein neuer Hausbewohner geschaffen.

Früchtchen

Gestern nach Hause gekommen, Bob und ich, und auf dem Handy eine Nachricht von Susanne „Esst mal von den schwarzen Himbeeren. Sind viele reif und lecker!“

Wir haben uns richtig satt gegessen so üppig hingen die dunklen, süßen Früchte in vollen Trauben am Strauch. Gepiekst hat uns der Strauch dann auch und blau waren Zungen und Hände.

Die Früchtchen passen gut in die Kumi: Mit der Lust und Freude gehen auch Müh‘ und arbeitsame Spuren einher 😉 

 

Sie baut und baut und baut.

Im Erdgeschoss der Kumi*13 zieht das Nachbarschafts- und Familienzentrum ein.

Vor ein paar Tagen ist unsere erste Baustelle in der Kumi fertig geworden. Die Ladenräume im Erdgeschoss sind renoviert und das Nachbarschafts- und Familienzentrum Kurmark (NBZ) ist temporär eingezogen. Denn ihr altes Gebäude in der Kurmärkischen Straße 1-3 wird abgerissen, dann wird dort der Campus der Generationen neu gebaut und das Nachbarschaftszentrum zieht zurück. Baustellen werden wir in diesem Jahr also noch viele haben, doch diese erste Etappe des Bauens ist ein besonderer Schritt für unsere Kumi. Ein Bau, ein Gedanke, der formuliert wird. Es ist wahrlich eine grundlegende Stelle: Das Erdgeschoss. Es öffnet seine Fenster und Türen auf die Gehwege, in den Kiez. Es ist für uns eine Zone zwischen Wohnen und Welt, die Schwelle zwischen unseren privat belebten Wohnräumen in den oberen Stockwerken und unserem Anschluss in die Nachbarschaft, in die Stadt. Von Beginn an war es unser Wunsch, Menschen im Kiez zusammen zu bringen. Unsere Gewerberäume möchten wir für Aktivitäten und Angebote öffnen, die beleben, die uns als Kumi im Kiez verorten, es uns ermöglichen uns ins Gewebe dieser Stadt hineinzuflechten. Treffen, sprechen, spielen, ausprobieren, lernen, scheitern, wohltun, zuhören, verweilen! Seitdem das Nachbarschaftszentrum da ist, sind die Fenster geöffnet, innen liegen Kissen auf den tiefen Fensterbänken und laden zum Verweilen mit Blick auf die Zwölfapostelkirche ein. Die Pandemie lässt das Leben zwar noch ruhig sein, aber all die Tische und Stühle laden ein zum Hoffen.

Mit der Fertigstellung des Erdgeschosses ist für uns nicht einfach nur ein kleiner Abschnitt der Baustelle vollbracht oder abgeschlossen, sondern nun ist ein Anfang gemacht, ein Raum hingeworfen, in dem sich Handlung entfalten wird. Zwischen Wohnen und Welt möchte sich die Kumi als lokale, einladende, zusammenbringende Stelle immer weiter bauen. In diesem Sinne: Auf ein Jahr mit vielen Baustellen freue ich mich;  ganz besonders mit Jutta und ihrem NBZ-Team. Sie fand am Tag ihres Einzugs vor der Haustür ein 1-Cent-Stück – ein glücklicher erster Moment!

Jutta (NBZ) und Antonia (Kumi) bei der Übergabe der Erdgeschossräume

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