Unser Haus in Selbstverwaltung – Newsletter #2

Es war auch für die KUMI*13 ein seltsames Jahr, dieses 2020. Zunächst ging es lustig drauf los mit den Umbauarbeiten zu Jahresbeginn, dann wurde die Baustelle Lockdown-bedingt immer menschenleerer, und die wöchentlichen Treffen unserer Gruppe verlagerten sich auf die Bildschirme.

Über den Sommer und Herbst haben wir dann gefühlt alle Arten von Zusammenkünften ausprobiert, die man sich ausdenk-en kann, um der sozialen Distanzierung zu entgehen oder ihr gerecht zu werden: Ein paar Furchtlose vor Ort, die anderen
per Video zugeschaltet, sommerliche Hofessen im von der „AG Wächse“ neu angelegten Topfgarten mit Suppengemüse
aus Eigenanbau, dann wieder alle digital zum gemeinsamen Tanzen auf Zoom oder Jitsi mit und ohne Delay, mit laufendem und mit stehendem Bild, abendliche, gemütliche Runden an der Feuerschale, ganze Oktoberwochenenden im Freien, bis die Kälte in die Knochen kriecht, Treffen im Haus mit und ohne Abstand und mit und ohne Maske. Und dazu die Erkenntnis: Uns-ere Gruppe ist breit aufgestellt, was die verschiedenen Haltungen im Umgang mit dem noch jungen Virus angeht.

In der kurzen Spanne der spätsommerlichen Freiheit gab es dann sogar zwei Veranstaltungen, zu denen wir unser Haus geöffnet haben: TAG DES OFFENEN DENKMALS 2020 WASCHTAGE – eine Aktion im Straßenraum

Und auch wir sind wieder auf die Straße gegangen zum Beispiel auf die DEMO gegen den MIETENWAHNSINN.

Was gab es noch in diesem verflixten zweiten Jahr unserer Kumi*13-Existenz…?
 
Wir haben die Architekt*innen gewechselt, nachdem wir gemerkt haben, dass wir – dem jungen Alter unserer Gruppe geschuldet – Konflikten noch allzu gern aus dem Weg gehen und deshalb eine Architektin brauchen, die Konflikte nicht scheut.
 
Der oben erwähnte Garten aus vielen Tontöpfen mit Zier- und Nutzgewächsen, mit Gingkos, Wandelröschen, Erdbeeren und Tomaten wurde nach und nach immer schöner und wichtiger für uns alle in der weitgehend betonierten Landschaft von
Schöneberg-Nord.
 
Wir haben festgestellt, dass es Paare innerhalb der Gruppe nicht einfacher haben als Einzelpersonen, weil sie zwar Absprachen treffen können, sich gegenseitig in Diskussionen unterstützen oder zuweilen auch nur abwechselnd an den wöchentlichen Sitzungen teilnehmen, dass sie im Gegenzug aber dazu verdammt sind, in jeder freien Minute über die Kumi*13 zu reden. Und das ist Strafe genug.
 
Raus aus der Kleinfamilie hatten wir vollmundig angekündigt in unserer Außendarstellung… Dass uns das viel schwerer fällt, als wir dachten, ist auch eine Erkenntnis aus 2020. Die große Cluster-WG über zwei Etagen ist auf zwei provisorische Mini-WGs von jeweils einem Paar mit einer Mitbewohnerin geschrumpft, unsere Gemeinschaftsräume – das sogenannte Kumiherz – wandern Kosten-bedingt in unattraktivere Räume, und auch das geplante Kinderzimmercluster im Herzen des Hauses hat sich nach und nach wieder in die Familienwohnungen einsortiert.
Einige von uns hegen die Hoffnung, dass es sich, wenn wir erst mal alle im Haus wohnen, auch wieder in eine andere Richtung entwickelt. Sollbruchstellen innerhalb der Kleinfamilien sind reichlich vorhanden.
 
Zwei neue Hausbewohner sind zur Welt gekommen!
 
Die schöne, große ehemalige Bugatti-Werkstatt hinter dem Haus wurde unter Denkmalschutz gestellt und muss nicht abgerissen werden. Yippieh! Sie ist und bleibt damit Projektionsfläche für zukünftige gesellschaftliche und soziale Experimente aller Art.

Nach diesem Jahr der 1001 Videokonferenzen und Millionen Bildschirmstunden wissen wir umso mehr, warum wir das alles machen: einen unabhängigen Ort aufzubauen, an dem man analog zusammen leben, probieren, arbeiten, scheitern, lieben, streiten, spielen, sich austauschen und sich treffen kann. Wir freuen uns auf 2021 und dann hoffentlich auch wieder auf Besuch von Euch. Schaut gerne auch einmal auf unseren BLOG und folgt uns auch auf Facebook und Twitter.

13 Grüße von der Kumi*13


1. Tag der offenen Tür (und offenen Fragen)

7. Dezember 2019

Unser Haus ist eine Baustelle, aber trotzdem hieß es Türen auf für alle Neugierigen und ihre Fragen. Am 7. Dezember hatten wir eingeladen und es kamen Nachbar*innen, Freund*innen, Verwandte und Bekannte und auch viele Menschen, die ähnliche Projekte planen oder schon umgesetzt haben. Es wurde noch bis kurz vor knapp wild improvisiert, aber um halb 3 ging’s dann los im Treppenhaus:

Eine Blitzerzählung der noch sehr kurzen Lebensgeschichte der KUMI*13 aus 17 Mündern, eine Rede der parteiunabhängigen Bürgerdeputierten für den Bereich Stadtentwicklung des Bezirks und eine Kurz-Anleitung dazu, was es braucht für ein solches Hausprojekt, nämlich:

Dann ging es über alle fünf Etagen…

… durch weniger und noch weniger renovierte Räume…

… in die ehemalige Garage zu Glühwein und kollektivem Halluzinieren. Darüber, was man hier wohl alles veranstalten könnte. Ideen und Vorschläge gab es von Gewächshaus bis Rollerdisco…

Wer weniger laufen wollte, konnte im improvisierten Café, das zum Abend hin eine Bar wurde, näheres über die Kumi*13 erfahren…

… oder auch einfach nur gemeinsam kochen und essen.

Um 18.30 Uhr war es dann schließlich so weit. Es ist eine lustige Vorstellung, was der Bauherr dieses hochherrschaflichen Stadtpalais wohl gesagt hätte, wenn er gesehen hätte, wie sein Haus ein zweites Mal eingeweiht wird.

Klick it!

Diesmal vom eher weltlichen Pastor Leumund. Mit Elektro-Punk, einer psychedelischen Liturgie und Weihwassersprühnebel aus Klobürsten.

Es war schön für uns, unser Haus zum ersten Mal zu öffnen, auch wenn es zunächst nur ein Tag war, mit so vielen netten Menschen zu sprechen, aus der Nachbarschaft, aus ähnlichen Projekten… und vielleicht gelingt es uns, den ein oder anderen Wunsch umzusetzen, der am Abend in unserem Wunschtopf lag.

Ein Stadt-Land-WG-Zimmer im Austausch mit einem Mietshäuser Syndikats Projekt in Brandenburg beispielsweise, das wär doch was für 2020 und danach…

Fotos: Benjamin Krieg

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